10 Städte, in denen Streetart keine Grenzen kennt
Für uns sind sie schon selbstverständlich geworden – Wandmalereien von Blumen und Bäumen, Aliens und Menschen, die in Regenbogenfarben ganze Wände öffentlicher Plätze zieren. Bis in die 90er-Jahre wurde Strassenkunst im besten Fall als Vandalismus abgetan und im schlechtesten Fall als politischer Angriff mit einer Gefängnisstrafe geahndet. Obwohl viele der Malereien auch heute noch auf soziale Missstände hinweisen, verleihen sie Orten durch ihre leuchtenden Farben einen gewissen Charakter. Wir zeigen Ihnen 10 Städte in aller Welt, in denen Streetart keine Grenzen gesetzt sind.
1. Bogotá
Bis 2011 galt Streetart in Bogotá als Verbrechen. Seitdem hat sich jedoch einiges geändert und viele Künstler haben die Möglichkeit genutzt, um ihre politischen Ansichten zu äussern oder Orte zu verschönern, indem sie ganze Hauswände und Gebäude mit auffälligen Farben und wilden Mustern versahen. Im historischen Quartier La Candelaria wurden die Streetart-Kunstwerke an kulturellen Einrichtungen und Containern angebracht und im Barrio Los Puentes kann man auf 383 Häusern verteilt ein einziges Wandbild einer kanufahrenden Frau mit einer Blume im Haar bewundern.
2. New York
Auch wenn das mit Graffitis übersäte 5 Pointz, das jahrzehntelang als wichtige Sehenswürdigkeit galt und von der Bahnlinie 7 von Manhattan nach Queen eigentlich kaum zu übersehen war, bereits übermalt wurde, ist Streetart in New York beliebt wie eh und je. In Bushwick zum Beispiel, Brooklyns vielversprechendem Szenequartier, hat das Bushwick Collective Künstlern den Auftrag gegeben, die geziegelten Lagerhallen mit imposanten Malereien zu verschönern. Ein weiteres berühmtes Beispiel ist die Bowery Wall in der Lower East Side von Manhattan. Nachdem die Wand einst von Keith Haring höchstpersönlich bemalt wurde und sein Werk zerstört wurde, verewigen sich hier immer wieder neue Künstler. Die Freeman Alley befindet sich ebenfalls in der Lower East Side und ist ein Bijou für alle, die es etwas ruhiger mögen.
3. London, England
Viele Londoner würden sagen, dass Shoreditch die Geburtsstätte der Streetart ist. Und in der Tat fühlt man sich bei einem Spaziergang durch die kopfsteingepflasterten Gassen, als wäre man in einem Kaleidoskop gefangen, in dem es Pubs en masse gibt. An Regentagen sollten Sie sich den Leake Street Tunnel ansehen, der direkt unter dem Bahnhof London Waterloo hindurchführt. Hier versammeln sich Sprayer, um zu üben und ihrer Kreativität an den Wänden freien Lauf zu lassen – das Übermalen anderer Kunstwerke ist dabei erlaubt. Eine ganz andere Ambiance erwartet Sie im Westen im erst kürzlich vollendeten Museum The Treatment Rooms. Dieses Gebäude ist gänzlich mit Mosaikfliesen versehen, die an den Spirit und die Muster revolutionärer Wandgemälde mexikanischer Künstler gemahnen.
4. Buenos Aires
Zweifellos wurden viele der fesselnden Malereien in der Stadt von der schwierigen Geschichte von Buenos Aires inspiriert. Insbesondere im Stadtteil Villa Urquiza, in dem während der Militärdiktatur von 1976 bis 1983 Hunderte von Gebäuden zerstört wurden, haben sich Künstler wie Martin Ron und El Marian in Form von unzähligen Malereien verewigt. Und in der einstigen Barackenstadt La Boca bringen die leuchtend roten, gelben und blauen Farbakzente an den Häusern ebenso viel Leben in die Strassen wie die temperamentvollen Tangotänzer. Die aufregendste Strasse ist Caminito, eine alte Bahnstrecke, die jetzt als Austragungsort für Streetart-Events genutzt wird.
5. Mexiko-Stadt
Mexiko-Stadt hat eine tief verwurzelte Streetart-Szene vorzuweisen, die bereits in den 90ern begann und seitdem den Weg von den Strassen in die Galerien gefunden hat. Neben den altbekannten Orten La Romita und Plaza Luis Cabrera wäre da Coyoacán zu nennen, ein grüner Stadtbezirk, der mit unzähligen Kunstwerken mit religiösen Symbolen auftrumpft, darunter Skelette von jungen Mädchen und Schlangengöttern. Diese sind allerdings mit einem Augenzwinkern zu betrachten. Das Museo del Juguete Antiguo México ist eigentlich ein Spielzeugmuseum und ist mit seiner humorvollen, ironischen Strassenkunst in 2D und 3D ebenfalls unbedingt einen Besuch wert.
6. Los Angeles
In den 70er-Jahren arbeiteten Künstler heimlich hinter verschlossenen Türen in den Studios von Downtown Los Angeles – das ist in dem Kunstviertel, zu dem es geworden ist, kaum noch vorstellbar. Heutzutage begeben sich Besucher in Scharen zum American Hotel, um die wunderschön gemusterten Wandbilder zu bewundern, bevor sie auf der anderen Strassenseite vor den berühmten violett-blauen Engelsflügeln von Colette Miller posieren. Wenn Sie im Stau stehen, achten Sie unbedingt auf die öffentlichen Stromkästen – viele von ihnen wurden mit Bildern von Mariachi-Bands und kleinen Haustieren mit Kulleraugen bemalt. Die Kunstinitiative zur Bemalung von Stromkästen begann in Boyle Heights und ist mittlerweile auch zu wohlhabenderen Quartieren wie Palms durchgedrungen.
7. Melbourne
Das Besprühen der Wände an Bahngleisen gilt für die Graffiti-Künstler von Melbourne als erster Schritt zum «Erwachsenwerden». Mittlerweile dürfen sich die Sprayer an zunehmender Wertschätzung erfreuen. Wenn Sie an einer Streetart-Tour teilnehmen, erwarten Sie Sehenswürdigkeiten wie die Hosier Lane, ACDC Lane und Centre Place im CBD, wo Sie nach dem obligatorischen Schnappschuss unbedingt eine Tasse Kaffee in einem der Strassencafés geniessen sollten. Im Vorort Richmond erstrecken sich die farbenfrohen Wandgemälde sogar über mehrstöckige Gebäude und umgebaute Lagerhäuser. Halten Sie hier unbedingt Ausschau nach dem Bild der lächelnden Kämpfer an der Hauswand des Cafés Feast of Merit, das von hohen Bäumen umgeben ist.
8. Lissabon
Lissabon ist als die unaufdringlichste Hauptstadt Europas bekannt – sie verzichtet gänzlich auf protzige Bauwerke und warter dafür mit atemberaubender Strassenkunst auf. Fahren Sie mit den Seilbahnen, vor allem mit dem Elevador da Glória und dem Elevador da Lavra, die sich beide durch die engen, mit Graffitis übersäten Gassen hindurchschlängeln. Etwas ausserhalb des Stadtzentrums befindet sich die «Wall of Fame» von Amoreiras, Lissabons älteste Graffiti-Mauer, an der Sie Werke aus den 90er-Jahren bewundern können. Die Underdogs Gallery weiss ebenfalls mit wundervollen, stets wechselnden Ausstellungen von Strassenkünstlern zu begeistern, und auch die Lisbon Urban Art Tours werden von hier aus organisiert.
9. Valparaíso
Der Schriftsteller und Diplomat Pablo Neruda, der in seinen Gedichten auch die wunderschönen Cerros (Hügel) von Valparaíso verewigte, war ausserdem grosser Kunstliebhaber. Seit den 1940er-Jahren lud er mexikanische Künstler nach Valparaíso ein, wo hinter verschlossenen Türen die Strassenkunst aufblühte. Leider wurden während der Militärdiktatur Pinochets von 1973 bis 1990 alle Formen der Kunst unterbunden, doch ihr gelang ein eindrucksvolles Comeback. Folgen Sie einfach den labyrinthartigen Treppen, die zu den bunten Häusern auf den Cerros führen, darunter der Cerro Concepción und der Cerro Alegre. Im Museo a Cielo Abierto können Sie sich unter freiem Himmel Wandbilder aus den 90ern ansehen.
10. Paris
Denkt man an die Kunstszene der französischen Hauptstadt, so fällt vielen zunächst der Louvre ein. Darüber hinaus rühmt sie sich jedoch mit einer vielseitigen Streetart-Kultur, die seit Jahrzehnten im Aufschwung ist. In der Rue Laurence Savart haben viele Strassenkünstler seit den 40er-Jahren ihre Spuren hinterlassen, während auf dem Rive Gauche, das einst von Künstlern und Intellektuellen bewohnt wurde, haushohe Wandbilder über mehrere Etagen erhalten geblieben sind. Der Vollständigkeit halber darf auch die Rue Oberkampf nicht fehlen, die vor allem für ihr Nachtleben bekannt ist. Wenn Sie tagsüber vorbeikommen, dürfen Sie sich auf unzählige Streetart-Kunstwerke freuen, die die Seitenwände der Cafés und Bars schmücken.